Lehrstuhl für Rechtsgeschichte, Kirchenrecht, Rechtstheorie und Privatrecht Universität
Zürich
2.5 Glossar
antike römische und griechische Schriftsteller:
Vgl. etwa Strabon von Amaseia (geb. um 65 v. Chr., gest. nach 23 n. Chr.; Geographica),
Pomponius Mela (De chorographia), Plinius der Ältere (23/24-79 n. Chr.; Naturalis
historia) und Ptolemaios (um 150 n. Chr.; Geographia). Weitere Hinweise finden sich
u.a. in: H.-W. Goetz / K.-W. Welwei (Hrsg.), Altes Germanien. Auszüge aus den antiken
Quellen über die Germanen und ihre Beziehungen zum römischen Reich; Quellen der alten
Geschichte bis zum Jahre 238 n. Chr., Bd. 1 u. 2, Darmstadt 1995.
causae maiores:
Seit etwas 770 wurden mit dem Begriff "causae maiores" (in Abgrenzung zu den "causae
minores") Gerichtsfälle bezeichnet, in denen Tod oder Verstümmelung als Sanktionen
möglich waren (so etwa bei vorsätzlichen Tötungen, Sexualdelikten, schwerem Diebstahl,
Brandstiftung). Im, modern gesprochen, zivilrechtlichen Bereich wurden Streitigkeiten
um die Freiheit einer Person und über die rechtliche Zuordnung von Grundbesitz als
"causae maiores" bezeichnet.
causae minores:
Seit 770 wurden mit dem Ausdruck "causae minores" Gerichtsfälle bezeichnet, die keine
"causae maiores" darstellten, insbesondere also Delikte, die nicht mit Tod oder Verstümmelung
sanktioniert waren.
Cyprians von Karthago:
Thascius Caecilius Cyprianus von Karthago (gestorben 258) zählt zu den wichtigsten
Kirchenvätern des 3. Jahrhunderts. Ursprünglich wohl als Rhetor ausgebildet, wurde
Cyprian stark von der römischen Rechtskultur geprägt, deren Begrifflichkeit immer
wieder in seiner Ekklesiologie erscheint. Cyprians Konzeption einer Bischofskirche,
die auf dem Amt des Bischofs aufruht, hat die Tradition der katholischen Kirche bis
in die Gegenwart hinein beeinflusst.
Föderaten:
Der aus dem lateinischen Ausdruck foedus (Vertrag) abgeleitete Begriff bezeichnet
in erster Linie Volksverbände, die dem römischen Imperium durch vertragliche Verpflichtungen
verbunden sind und regelmässig an den Grenzen römischer Provinzen siedeln. Im Gegenzug
vor allem für die Zuweisung von Siedlungsräumen und der Anerkennung ihrer Autonomie
verpflichten sich die Föderaten zur militärischen Hilfe gegen äussere Feinde.
Formelsammlungen:
Für die merowingische Zeit sind besonders zwei Sammlungen herauszuheben, die Formulae
Andecavenses (von Angers, entstanden um 570/80) sowie die Formulae Marculfi (aus dem
Westfrankenreich, um 650). Aus der karolingischen Zeit stammen beispielsweise die
Formulae Marculfi aevi Karolini (Franken, Regierungszeit Karls des Grossen) sowie
die Formulae Turonenses (Tours, entstanden um 725/750)
Hausmeier:
Der Hausmeier (maior domus) ist als herausgehobene Position im Gefüge des königlichen
Hofes bereits in der Zeit der Völkerwanderung belegt. In fränkischer Zeit sind für
einzelne Mitglieder der königlichen Familie jeweils entsprechende Hausmeier nachweisbar.
Seit dem Beginn des 7. Jahrhunderts ist die Stellung des Hausmeiers allerdings zunehmend
gegenüber dem König verselbständigt und wird jetzt zu einer Position des Adels. Seit
dem ausgehenden 7. Jahrhundert wird das Majordomat faktisch erblich, im Lauf des 8.
Jahrhunderts übernehmen die Hausmeier dann - wie insbesondere in der Zeit Karl Martells
(688/89-741) - zunehmend die faktische Herrschaft.
Immunitäten:
Die Immunität (munus = Abgabe, Dienst; immunitas als Verneinung entsprechender Verpflichtungen)
ist bereits in der Spätantike belegt: In dieser Zeit bedeutet Immunität die Abgabenfreiheit
der Kirche und die persönliche Freiheit des Klerus von Dienstpflichten wie etwa dem
Militärdienst. In frühmittelalterlicher Zeit wird mit Immunität die Unabhängigkeit
von fremder Herrschaft, insbesondere von Herrschaftsansprüchen lokaler Instanzen bezeichnet.
Kirchen und Klöster gewinnen durch die Immunität die Unabhängigkeit vor allem vom
Grafengericht und als Folge die Befugnis zueigener Gerichtsbarkeit. Damit rücken sie
im Verhältnis zu den lokalen Adelsherrschaften in eine Sonderposition ein, die allerdings
ganz auf ihrer Verbindung zum Herrscher beruht.
Kompilation:
lat.
compilare - ausbeuten
Lehnsrecht:
Zu Ausgestaltungen und Inhalten des Lehenswesens unten Pars II.
Offizials:
Der Offizial ist der Stellvertreter des Bischofs bei der Ausübung der bischöflichen
Gerichtsbarkeit. In der Entstehung dieses Amtes spiegelt sich der Wandel der Kirche
zur Rechtskirche wider, deren institutionelle Praxis auch und gerade von einer verschriftlichten
Gerichtsbarkeit geprägt ist.
Offnungen:
Die aus dem Gebiet der Schweiz stammenden Offnungen sind Quellen, als deren typenbildendes
Kennzeichen sich die gerichtsförmige Feststellung von Rechtsgewohnheiten bezeichnen
lässt. Im Zusammenhang einer eigens hierfür einberufenen Gerichtsversammlung wird
dabei ein bestehender Rechtszustand verbindlich festgestellt, geoffnet (ahdt. offanon
- verkünden). Andere Kennzeichnungen für die so entstehenden Verschriftlichungen von
bis dahin oral überliefertem Recht sind etwa Ehaft, Ehafttaiding (Süddeutschland),
Taiding (Österreich), Landrodel, Dinghofrodel (Schweiz), Dingrodel (Elsass), Ruge
(Sachsen) oder Weistum (Mittelrheingebiet, Moselland). Der Ausdruck "Weistum" wird
häufig auch als Oberbegriff für diese Rechtsquellen gewählt, die sowohl für das Mittelalter
wie auch für die Frühe Neuzeit überliefert sind. Ihrem Inhalt nach beziehen sich solche
Quellen vor allem auf Abgaben und Frondienste sowie die Nutzungsrechte an agrarischen
Gütern wie Wasser, Wald und Weide. Hinzu treten häufig Regelungen über Organisation
und Verfahren herrschaftlicher Gerichtsbarkeit.
Tacitus:
Publius Cornelius Tacitus (ca. 55-117) war Mitglied des römischen Hochadels, Schriftsteller
und v.a. Historiker. Sein berühmtes und in der Historiographie vor allem seit Beginn
des 19. Jahrhunderts häufig herausgehobenes Postulat, Geschichtsschreibung müsse "sine
ira et studio" geschehen, stammt aus der Einleitung seines wichtigsten Werkes (Buch
1, 1), den "Annales", einer Schilderung der frühen römischen Kaiserzeit in der Phase
zwischen dem Tod des Augustus bis zum Ende Neros (14-68 n. Chr.)
Tacitus Cornelius:
Cornelius Tacitus (ca. 55-117) war Mitglied des römischen Hochadels, Schriftsteller
und v.a. Historiker. Von ihm stammt die Forderung der Geschichtsschreibung sine ira
et studio. Zentrale Werke sind: Annales, Germania.
Vergleich zu Beteiligten:
Vgl. die Selbstbeschreibung des fränkischen Mönchs Marculf, dem Verfasser der Formulae
Marculfi (um 650): "Ich habe jenes, was ich bei meinen Vorfahren gemäss Gewohnheit
des Ortes, wo wir gelebt haben, gelernt habe, oder was ich aus meinen eigenen Gedanken
bedacht habe, mich zu Einem zusammenzustellen bemüht, wie ich es vermochte (...)."