7.8 Glossar

Alter und Gesundheit der Ehegatten:
Inwiefern eine Erwerbstätigkeit zumutbar ist, hängt vom Alter und der Gesundheit der Eheleute ab. Gemäss Rechtsprechung zum alten Recht ist ein vollständiger und dauerhafter beruflicher Wiedereinstieg nach dem 45. Altersjahr in der Regel nicht mehr möglich (vgl. BGE 115 II 6 E. 5a; BGE 114 II 9 E. 7b). Nach der bundesgerichtlichen Rechtsprechung zum neuen Recht wird diese Alterslimite aber zunehmend gelockert. Tendenz, die Altersgrenze auf 50 Jahre zu erhöhen (vgl. BGE 127 III 136 E. 2c; BGE 132 III 598; BGE 137 III 102 E. 4.2.2.2; BGer 5A_76/2009, Urteil vom 4. Mai 2009 E. 6.2.3; BGer 5A_206/2010 vom 21. Juni 2010 E. 5; BGer 5A_340/2011 vom 7. September 2011 E. 5.2.2).
Anhörung, einvernehmliches Scheidungsverfahren:
Die Anhörung kann aus mehreren getrennten und gemeinsamen Sitzungen bestehen.
Anhörung, Zweck:
Das Gericht hat den Entscheid der Gatten nicht zu hinterfragen, soll also keine Ursachenforschung betreiben.
Aufgabenteilung in der Ehe:
Gemäss Art. 163 ZGB definieren die Eheleute gemeinsam die Aufgabenteilung während der Ehe. Im Scheidungsfall sind Nachteile, die aufgrund dieser Aufgabenteilung in beruflicher Hinsicht entstehen, über das Unterhaltsrecht auszugleichen.
Ausbildung und Erwerbsaussichten:
Neben den persönlichen Faktoren (berufliche Ausbildung, Sprachkenntnisse, Weiterbildung etc.) ist auch die Arbeitsmarktlage zu berücksichtigen.
Ausnahmeklausel, Unterhaltsleistung:
Um über diese Ausnahmeklausel das Verschuldensprinzip nicht erneut einzuführen, muss Art. 125 Abs. 3 ZGB restriktiv gehandhabt werden.
Begründung des Unterhalts, kein einheitliches Prinzip:
Das geltende Unterhaltsrecht enthält teilweise widersprechende Grundsätze: Eigenverantwortung oder „clean break“ (vgl. Art. 125 Abs. 1 ZGB): wirtschaftliche Selbstverantwortung beider Ehegatten nach der Scheidung, Unterhalt nur übergangsmässig bis zur wirtschaftlichen Unabhängigkeit; Gegenseitigkeit (vgl. Art. 163 Abs. 1 ZGB): Übernimmt der eine Ehepartner weiterhin Erziehungsarbeit und der andere Erwerbsarbeit, tragen beide Eheleute über die Scheidung hinaus nach ihren Kräften zum Familienunterhalt bei; Ausgleich von Nachteilen (vgl. Art. 163 Abs. 2 ZGB): Die Folgen der während der Ehe gelebten Rollenverteilung werden von den Eheleuten gemeinsam getragen; Solidarität (vgl. Art. 159 ZGB): Gegenseitiger Beistand auch nach der Scheidung, wenn ein Partner sich nicht selbst zu helfen vermag; Vertrauensschutz: Je länger die Ehe dauerte und je stärker sie das Dasein prägte, umso mehr begründet sie ein Vertrauen auf angemessene Fortsetzung der bisherigen Lebensweise.
Berufliche Vorsorge:
Die berufliche Vorsorge soll bei Eintritt eines Vorsorgefalles zusammen mit der eidgenössischen AHV/IV eine angemessene Fortsetzung des gewohnten Lebensstandards sicherstellen. Obligatorisch versichert sind nur Arbeitnehmende, die einen gewissen Mindestlohn verdienen (Art. 2 ff. BVG). Selbständig Erwerbende können sich freiwillig an der beruflichen Vorsorge beteiligen.
Berufliche Vorsorge, Berechnungsweise:
Die Berechnungsweise ist im Freizügigkeitsgesetz geregelt (Art. 22 FZG und Art. 22a FZG). Der Betrag ermittelt sich aus der Differenz zwischen der Austrittsleistung bei Scheidung und der Austrittsleistung bei Eheschliessung.
Berufliche Vorsorge, Entschädigung:
Im Hinblick auf die Höhe der Entschädigung ist zunächst zu prüfen, wie die Teilung der Austrittsleistungen im letzten möglichen Zeitpunkt ausgefallen wäre, und in einem zweiten Schritt muss dieses Ergebnis allenfalls noch den unterschiedlichen Bedürfnissen angepasst werden (BGE 129 III 481 = FamPra.ch 2003, 891). Trat der Vorsorgefall erst vor kurzem ein, orientiert sich die Entschädigung v.a. am Grundsatz der hälftigen Teilung. Ereignete er sich hingegen schon viele Jahre vor der Scheidung, kommt es auf die besonderen Verhältnisse an (BGer 5A_623/2007, Urteil vom 4. Februar 2008 = FamPra.ch 2008, 384 ff.).
Berufliche Vorsorge, unmögliche Teilung:
Z.B. bei Vorliegen von Barauszahlungen des Vorsorgeguthabens (infolge Aufnahme einer selbständigen Erwerbstätigkeit oder bei endgültiger Abreise ins Ausland [vgl. Art. 5 Abs. 1 FZG]), welche aus dem Vorsorgekreislauf ausscheiden (Art. 22 Abs. 2 FZG). Dem leer ausgehenden Ehepartner müsste deswegen zumindest eine Entschädigung gewährt werden (vgl. BGE 127 III 433).
Berufliche Vorsorge, Verweigerung:
Eine Verweigerung kommt nur in Betracht, wenn durch die Teilung ein unerträgliches Missverhältnis oder ein krass ungerechtes Ergebnis im wirtschaftlichen Sinne entstünde.
Berufliche Vorsorge, Verzicht:
Gemäss Gesetz stellt der Verzicht zwar eine Ausnahme dar, in der Praxis wird aber in jedem dritten Fall vom Vorsorgeausgleich abgesehen. Ein Verzicht auf die Aufteilung der beruflichen Vorsorge ist nur im Rahmen eines konkreten Scheidungsverfahrens möglich, jedoch nicht im Voraus für den Fall einer künftigen Scheidung.
Dauer der Ehe:
Gemäss Lehre und Rechtsprechung wird eine Ehe unter fünf Jahren als kurz, eine solche über zehn Jahre als lang bezeichnet. Bei Ehen zwischen fünf und zehn Jahren ist entscheidend, ob die gelebten Umstände die Lebensverhältnisse der Eheleute nachhaltig geprägt haben (vgl. BGE 115 II 6 E. 3; BGer 5C.278/2000, Urteil vom 4. April 2001).
Ehe, institutionelles Denken:
Die Ehe war häufig keine selbst bestimmte Beziehung zweier Personen, sondern eine aus wirtschaftlichen Zwängen diktierte Verbindung von Familien (Vernunftehe). Die Familie als wesentliche Stütze der gesellschaftlichen Ordnung galt es zu schützen.
Ehe als Dauerschuldverhältnis:
Die Ehe soll ähnlich enden, wie sie angefangen hat, nämlich mittels übereinstimmender Willensäusserung.
Eheliche Nachteile, Ausgleich:
Die Folgen der während der Ehe gelebten Rollenverteilung sollen von den Eheleuten gemeinsam getragen werden.
Ehelicher Bedarf:
Zum nachehelichen Bedarf gehört neben dem gebührenden Unterhalt (Art. 163 ZGB) auch eine angemessene Alters- und Invalidenvorsorge (Art. 125 Abs. 1 ZGB). War die Ehe lebensprägend (Ehe dauerte länger als 10 Jahre, bei gemeinsamen Kindern oder bei Entwurzelung aus dem bisherigen Kulturkreis), ist für die Berechnung des gebührenden Unterhalts grundsätzlich der zuletzt in der Ehe gelebte Lebensstandard massgebend.
Ehetrennung:
Unter Ehetrennung wird die Aufhebung der tatsächlichen Lebensgemeinschaft verstanden, wobei das rechtliche Band und die allgemeinen Wirkungen der Ehe bestehen bleiben.
Ehetrennung, Bedeutung:
Das Institut der Ehetrennung ist für Ehepaare bedeutend, die sich aus religiösen Überlegungen oder aus erb- und sozialversicherungsrechtlichen Gründen (insb. bei betagten Eheleuten) nicht scheiden lassen möchten.
Ehetrennung, Gründe:
Trennungsgründe sind Trennung auf gemeinsames Begehren oder Trennung auf Klage.
Einkommen und Vermögen der Ehegatten:
Einkommen und Vermögen sind bedeutende Kriterien zur Bestimmung der ehelichen Lebensverhältnisse sowie des Bedarfs und der Leistungsfähigkeit der Ehegatten.
Familienwohnung, befristetes Wohnrecht:
Das Wohnrecht muss immer zeitlich begrenzt werden, wobei die Dauer vom besonderen Zweck der Einräumung der Personaldienstbarkeit abhängt.
Familienwohnung, entgeltliches Wohnrecht:
Die obere Grenze bildet dabei der Marktwert oder allenfalls der Eigenmietwert, wobei die familiäre Solidarität einen tieferen Preis sicherlich rechtfertigt.
Familienwohnung, Kriterien der Zuteilung:
Wer ist Mieterin oder Eigentümer der Familienwohnung?
Familienwohnung, Mithaftung:
Mithaftung bis zum Termin, an dem der Mietvertrag erstmals beendet werden könnte, maximal zwei Jahre.
Familienwohnung, Schutz:
Verfügungen die Familienwohnung betreffend sind beispielsweise an bestimmte Voraussetzungen geknüpft; vgl. dazu das Kapitel zu den Wirkungen der Ehe.
Familienwohnung, wichtige Gründe:
Die verschieden gelagerten Interessen der Gatten sind dabei gegeneinander abzuwägen. Oftmals fällt diese Interessenabwägung zugunsten desjenigen Gatten aus, dem die elterliche Obhut bzw. Sorge über die Kinder zugesprochen wird. Als weitere wichtige Gründe können die Fortsetzung des in der Familienwohnung ausgeübten Berufs oder die Ermöglichung eines selbständigen Lebens bei Invalidität in Betracht kommen.
Geteiltes Verfahren, streitige Punkte:
Im streitigen Verfahren können den Ehegatten Parteirollen zugewiesen werden, womit sie (unnötig) zu Prozessgegnern werden.
Getrenntleben:
Das Gericht hat lediglich zu prüfen, wann das Getrenntleben begann, wie lange es dauerte und ob es allenfalls unterbrochen wurde. Die Trennungsfrist muss im Moment der Klageanhebung bereits abgelaufen sein.
Getrenntleben, ununterbrochen:
Kurze Episoden des erneuten Zusammenseins zu Versöhnungszwecken oder anhaltende kameradschaftliche Kontakte bewirken keinen Unterbruch der Trennung.
Getrenntleben, Voraussetzungen:
Vorausgesetzt wird die Aufhebung des gemeinsamen Haushaltes. Ein Getrenntleben innerhalb eines Hauses oder sogar innerhalb einer Wohnung ist allerdings möglich.
Kinderbetreuung, Umfang und Dauer:
Der Betreuungsunterhalt wurde aus dem nachehlichen Unterhalt ausgegliedert und ist seit dem 1. Januar 2017 als Anspruch des Kindes (Teil des Kindesunterhalts) ausgestaltet (Art. 285 Abs. 2 ZGB).
Konsensualscheidung:
Die Basis des Scheidungsgrundes bildet der übereinstimmende Scheidungswille.
Lebensstellung während der Ehe:
Die Lebensstellung während der Ehe ist Richtschnur und gleichzeitig Obergrenze des geschuldeten nachehelichen Unterhalts. Sie ist insbesondere dann zu beachten, wenn zwischen den Eheleuten bei der Eheschliessung ein grosses soziales Gefälle bestanden hat (Berücksichtigung bei der Zumutbarkeit der Eigenversorgung).
Leistungsfähigkeit, Schwankungen:
Unbedeutende oder vorübergehende Schwankungen der Leistungsfähigkeit oder des Bedarfs führen nicht zu einer nachträglichen Abänderung. In Frage kommen eine verminderte Leistungsfähigkeit des Pflichtigen, eine verminderte Bedürftigkeit des Berechtigten oder eine verbesserte Leistungsfähigkeit des Berechtigten.
Mediation, eigenverantwortlich:
Die Autonomie der Parteien steht im Vordergrund. Die Mediatorin hat keine Entscheidungsbefugnis.
Mediation, einvernehmliche Konfliktbewältigung:
Durch kooperatives Verhandeln der Parteien sollen nachhaltige Lösungen erarbeitet werden.
Mediation, Machtgefälle:
Die ausgehandelten Vereinbarungen wirken sich, infolge des Machtungleichgewichts und der unterschiedlichen Wahrnehmung bzw. Durchsetzbarkeit eigener Interessen, oft zuungunsten der Frau aus.
Mediation, Neutralität:
Die Allparteilichkeit der Mediationsperson ist von grosser Wichtigkeit. Nachteil: Das Gebot der Neutralität erschwert es der Mediatorin, ein bestehendes Machtgefälle zwischen den Parteien auszugleichen. Bei Paaren, wo ein erhebliches Ungleichgewicht vorliegt oder Gewalt vorherrscht, ist die Durchführung des Mediationsverfahrens daher problematisch.
Mediation, obligatorische:
Die obligatorische Mediation wird von Gesetzes wegen bzw. vom Gericht angeordnet. Erstmals eingeführt wurde sie 1981 in Kalifornien, USA.
Mediation, öffentliche:
Die öffentliche Mediation ist Bestandteil des Gerichtsverfahrens und wird vom Gemeinwesen finanziert.
Mediation, Rechtskenntnisse:
Kenntnisse des Rechts sind im Mediationsverfahren unerlässlich. Die Eheleute sollen ihre Ansprüche kennen und nicht blind darauf verzichten. Das Recht bildet Ausgangspunkt einer Suche nach persönlichen Gerechtigkeitsprinzipien.
Mediation, Verbreitung:
Während die Mediation im angloamerikanischen Rechtskreis eine lange Tradition aufweist, ist deren Etablierung in Kontinentaleuropa noch weniger weit fortgeschritten.
Mediation, Vorzüge:
Höhere Verbindlichkeit und Akzeptanz der aus der Mediation resultierenden Scheidungsvereinbarung, Minimierung der Gerichtskosten und Entlastung der Gerichte.
Mediatorin:
Die Mediatorin tritt weder als Rechtsberaterin noch als Therapeutin, sondern vielmehr als Regisseurin der Verhandlung auf. Sie schafft die Rahmenbedingungen für eine konstruktive Verhandlung und fördert die Kommunikation.
Scheidung, Verschulden:
Scheidungsvoraussetzung ist ein Verschulden (Ehebruch, unehrenhafter Lebenswandel, Gewalt, böswilliges Verlassen, Alkoholismus etc.).
Scheidung, verschuldensunabhängig:
Das bisherige Recht kannte neben dem allgemeinen Scheidungsgrund der tiefen Zerrüttung eine Anzahl besonderer Scheidungsgründe, welche ein schuldhaftes Verhalten eines Ehegatten voraussetzten (Ehebruch, unehrenhafter Lebenswandel, böswilliges Verlassen, usw.). Bei der verschuldensunabhängigen Scheidung sollen Schuldzuweisungen vermieden werden.
Scheidungsgrund, absolut:
Haben die Eheleute zwei Jahre lang getrennt gelebt, wird die Zerrüttung unwiderlegbar vermutet.
Scheidungsrecht, neu:
Das neue Scheidungsrecht ist seit dem 1. Januar 2000 in Kraft.
Scheidungsvereinbarung, deklaratorisch:
Hinweis auf Einkommen, Bedarf, Vermögen sowie allfällige Deckungslücken (Art. 282 Abs. 1 ZPO).
Scheidungsvereinbarung, formale Kontrolle:
Das Gericht überzeugt sich davon, dass die Vereinbarung aus freiem Willen und nach reiflicher Überlegung geschlossen wurde. Ausserdem prüft es, ob die Regelung klar und verständlich ist.
Scheidungsvereinbarung, gerichtliche Genehmigung:
Mit der gerichtlichen Genehmigung wird die Vereinbarung zum Urteilsbestandteil.
Scheidungsvereinbarung, Inhaltskontrolle:
In sämtlichen Kinderbelangen dürfen Anträge nur genehmigt werden, wenn die Kindesinteressen gewahrt sind. Es gilt der Grundsatz der Offizialmaxime (Art. 296 Abs. 2 ZPO). Regelungen in Bezug auf die elterliche Sorge und den persönlichen Verkehr müssen mit dem Kindeswohl vereinbar sein (Art. 133 Abs. 2 ZGB). Bei vermögensrechtlichen Angelegenheiten ist der Grundsatz der Vertragsautonomie der Eheleute vorherrschend (eingeschränkt bei der Regelung der beruflichen Vorsorge, vgl. Art. 123 Abs. 1 und Art. 280 Abs. 1 ZPO). Zum Schutz der schwächeren Partei vor Beeinflussung und Übervorteilung hat das Gericht jedoch eine Mängel- und Inhaltskontrolle durchzuführen.
Scheidungsvereinbarung, programmatisch:
Unverbindliche Absichtserklärungen (z.B. zur künftigen Beziehung zwischen Partnerin und Partner oder zur Kindererziehung).
Scheidungsvereinbarung, regulatorisch:
Ordnung der wirtschaftlichen Auswirkungen der Scheidung (güterrechtliche Auseinandersetzung, Vorsorgeausgleich, Familienunterhalt) sowie Stellen von gemeinsamen Anträgen in Kinderbelangen (elterliche Sorge, persönlicher Umgang, vgl. Art. 133 Abs. 2 ZGB).
Scheidungsvereinbarung auf Vorrat:
Beachte: Die sog. Scheidungsvereinbarung auf Vorrat ist in der Schweiz umstritten (vgl. vertiefende Literatur).
Scheidungswille, gegenseitig:
Scheidungsbegründend ist allein der gemeinsame Scheidungswille. Ob die Ehe aber tatsächlich zerrüttet ist, ist nicht mehr Gegenstand der gerichtlichen Prüfung.
Scheidung wegen Unzumutbarkeit:
Die Verschuldensfrage kann bei der Scheidung wegen Unzumutbarkeit gegebenenfalls eine entscheidende Rolle spielen. Die klagende Partei darf die schwerwiegenden Gründe für die geltend gemachte Unzumutbarkeit nicht selber verursacht haben.
Schwerwiegende Gründe:
Seit der Verkürzung der Trennungsfrist auf zwei Jahre werden an das Vorliegen schwerwiegender Gründe strengere Anforderungen gestellt. Zur Auslegung von Art. 115 ZGB vgl. BGE 126 III 404 E. 4; BGE 127 III 129 E. 3.
Streitiges Verfahren, Frist:
Bei unbenutztem Ablauf der Frist wird die Klage als gegenstandslos abgeschrieben.
Streitiges Verfahren, Schlichtungsversuch?:
Kein vorangehender Schlichtungsversuch notwendig (Art. 198 Abs. 1 lit. c ZPO).
Trennungsfrist:
Mit Revision vom 1. Juni 2004 wurde die Trennungsfrist von vier auf zwei Jahre verkürzt, weshalb die Scheidung wegen Unzumutbarkeit nach Art. 115 ZGB weiter an Bedeutung verloren hat.
Trennungsfrist, Deutschland:
BGB § 1566 Abs. 2 (3 Jahre).
Trennungsfrist, England:
Matrimonial Causes Act 1973 Sec. 1 (2)(e) (5 Jahre).
Trennungsfrist, Frankreich:
Art. 238 Abs. 1 CC (2 Jahre).
Trennungsfrist, skandinavische Länder:
Norwegen: § 21, 22 EheG (1 Jahr nach gerichtlich ausgesprochener Trennung/nach 2 Jahren faktischen Getrenntlebens); Schweden: 5. Kap. § 1, 2 und 4 EheG (sofortige Ehescheidung möglich; Bedenkzeit von 6 Monaten, falls dies beide oder einer der Ehegatten verlangt oder einer der Gatten dauerhaft mit einem eigenen Kind unter 16 Jahren zusammenlebt; keine Bedenkzeit bei 2 Jahren faktischen Getrenntlebens); Dänemark: § 31 Abs. 1 und 2, § 32 EheG (1 Jahr nach gerichtlich ausgesprochener Trennung/nach 2 Jahren faktischen Getrenntlebens).
Überhälftige Teilung:
Einem Ehegatten kann mehr als die Hälfte der Austrittsleistung zugesprochen werden. Dies rechtfertigt sich, sofern nach der Scheidung entstehende Vorsorgelücken ausgeglichen werden sollen.
Unterhaltsbemessung:
Zur Bemessung des geschuldeten Unterhalts werden grundsätzlich zwei Methoden angewandt, die abstrakte und die konkrete Methode (siehe Grafik/Statistik).
Unterhaltsleistung, Aufhebung:
Wird eine Aufhebung angeordnet, erlischt der Unterhaltsanspruch endgültig. Insoweit soll eine Aufhebung nur dann in Betracht gezogen werden, wenn sich die wirtschaftlichen Verhältnisse mit Sicherheit endgültig und dauerhaft geändert haben. Andernfalls ist eine Sistierung vorzuziehen.
Unterhaltsleistung, Herabsetzung:
Wie die Aufhebung führt auch die Herabsetzung zu einer (Teil-) Aufhebung des Unterhaltsanspruches, weshalb einer teilweisen Sistierung im Regelfall der Vorrang zu geben ist.
Unterhaltsleistung Sistierung:
Eine Sistierung ist dann anzuordnen, wenn Zweifel an der Endgültigkeit und Dauerhaftigkeit der veränderten Verhältnisse bestehen.
Unterhaltspflicht, Leistungsfähigkeit:
Eine Unterhaltspflicht besteht nur, wenn der unterhaltsberechtigten Partei nicht zuzumuten ist, selbst für ihren Lebensunterhalt aufzukommen. Massgebend ist dabei das tatsächlich erzielte oder erzielbare (hypothetische) Nettoerwerbseinkommen aus zumutbarer beruflicher Tätigkeit. Vorausgesetzt wird darüber hinaus die Leistungsfähigkeit der verpflichteten Partei.
Unterhaltspflicht, nachträgliche Festsetzung/Erhöhung:
Dazu bedarf es eines Antrages innerhalb von fünf Jahren nach Rechtskraft des Unterhaltspunktes und des Vorliegens folgender weiterer Voraussetzungen: Erstens muss im Urteil festgestellt worden sein, dass die Berechtigte ihren Unterhalt nicht zu decken vermag und zweitens muss sich die finanzielle Lage des Pflichtigen verbessert haben.
Unterhaltspflicht, Sistierung:
Vgl. dazu die übersichtliche Zusammenfassung zu dieser Problematik bei Büchler/Vetterli, Ehe Partnerschaft Kinder, 3. Aufl., Basel 2018, 154 ff.
Unterhaltspflicht, stabile Lebensgemeinschaft:
Für die Beurteilung der stabilen Lebensgemeinschaft war entscheidend, ob die Lebensgemeinschaft so eng war, dass die Partner einander wie in einer Ehe Beistand leisten. Der Unterhaltspflichtige hatte nachzuweisen, dass eine auf längere Zeit angelegte Lebensgemeinschaft von zwei Personen unterschiedlichen Geschlechts mit Ausschliesslichkeitscharakter vorliegt. Nach fünfjährigem Bestehen der Gemeinschaft fand eine Beweislastumkehr statt (vgl. BGE 124 III 52 E. 2a; BGE 118 II 235 E. 2; BGE 116 II 394 E. 2c).
Unterhaltspflicht, Wiederverheiratung:
Hierzu sieht das Gesetz ausdrücklich die Möglichkeit einer abweichenden Vereinbarung vor, was im Hinblick auf gemeinsame Kinder durchaus berechtigt erscheint.
Unterhaltspflicht über den Tod hinaus:
Möglichkeit der Vereinbarung der passiven Vererblichkeit der Unterhaltszahlungen.
Unzumutbarkeit, seelische:
Entscheidend ist nicht die Unzumutbarkeit des blossen Zusammenlebens, sondern die seelische Unzumutbarkeit der Fortsetzung der Ehe als rechtliche Verbindung.
Unzumutbarkeit der Fortsetzung:
Art. 115 ZGB stellt gegenüber Art. 114 ZGB einen subsidiären Scheidungsgrund dar und soll nur in Härtefällen Anwendung finden.
Verschuldensprinzip:
Scheidungsvoraussetzung war ein Verschulden (Ehebruch, unehrenhafter Lebenswandel, Gewalt, böswilliges Verlassen, Alkoholismus, etc.). Wer durch schuldhaftes Verhalten die Scheidung verursacht hatte, musste der anderen Partei den entstandenen Schaden ersetzen und hatte selbst keinen Anspruch auf Entschädigung. Heute ist der nacheheliche Unterhalt grundsätzlich verschuldensunabhängig.
Vorsorgeanwartschaften:
Um bestehende oder zukünftige Vorsorgedefizite zu decken, kann Unterhalt selbst in Fällen geschuldet sein, wo die berechtigte Person in der Lage ist, für ihren aktuellen Lebensbedarf selbst aufzukommen.
Vorsorgeausgleich:
Der Vorsorgeausgleich ist zwingendes Recht und voraussetzungslos geschuldet.
Vorsorgeausgleich, materielle Gleichstellung:
Der Vorsorgeausgleich richtet sich, im Gegensatz zum nachehelichen Unterhalt, nicht nach den Kriterien des Bedarfs bzw. der Leistungsfähigkeit. Er ist unabhängig vom Scheidungsverschulden und grundsätzlich auch von den wirtschaftlichen Verhältnissen der Parteien nach der Scheidung.
Vorsorgebestandteile:
Als mögliche Vorsorgebestandteile gelten nicht nur Austrittsleistungen, sondern auch Freizügigkeitsguthaben oder Vorbezüge für Wohneigentum (vgl. Art. 22 Abs. 2 FZG, Art. 30c Abs. 6 BVG, Art 331e Abs. 6 OR).
Vorsorgefall, Eintritt:
Der Eintritt des Vorsorgefalls ist entscheidend für die Abgrenzung von Art. 122 zu Art. 124 ZGB. Ob ein Vorsorgefall eingetreten ist, bestimmt sich nach den sozialversicherungsrechtlichen Regeln. Massgebend für die Beurteilung ist der Zeitpunkt der rechtskräftigen Scheidung.
Vorsorgefälle, scheidungsrechtlich relevant:
Scheidungsrechtlich relevante Vorsorgefälle sind Alter und Invalidität. Da durch den Tod eines Ehepartners die Ehe aufgelöst wird, ist dieser Vorsorgefall im Zusammenhang mit der Scheidung unbedeutend.
Zerrüttungsprinzip:
Die Scheidung wird ausgesprochen, wenn die Ehe gescheitert ist. Die Verschuldensfrage bleibt ohne Bedeutung, Scheidungsgrund bildet die dauerhafte Zerrüttung der Ehe. Es handelt sich hierbei um einen weitgehend formalisierten Scheidungsgrund.
Zweigeteiltes Scheidungsverfahren, ausdrückliche Erklärung:
Die Eheleute müssen gemeinsam den Willen bekunden, dass sie – trotz der Ungewissheit über die Regelung der Scheidungsfolgen – der Scheidung zustimmen.